Abschied nehmen von Verstorbenen – Rituale können helfen
Abschied nehmen von einem geliebten Menschen, das ist schwer. In früheren Zeiten existierte eine Vielzahl von Ritualen, die die Trauerzeit – und damit den Abschied von einem Verstorbenen – begleiteten. Noch vor etwa 100, ja sogar noch vor etwa 50 Jahren waren die meisten Menschen vertraut mit diesen Ritualen, die zum Abschiednehmen von einem Verstorbenen gehörten: dem Schließen der Augen, dem Zusammenlegen der Hände, dem Anhalten der Uhren, dem Verhängen der Spiegel im Sterbezimmer, dem Öffnen der Fenster und vielem mehr. Die Nachbarn kamen zusammen, ein Priester wurde gerufen, um den Toten auszusegnen, der Verstorbene wurde gewaschen, und es wurde Totenwache gehalten. Es gab keine Fragen zu diesem Ablauf. Es war einfach so.
Diese Rituale boten einen festen Rahmen und erleichterten es den Trauernden, sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Sie mussten keine Entscheidungen treffen, sich keine Gedanken machen, in welcher Position der Verstorbene gebettet werden sollte. Ob mit offenen oder geschlossenen Augen, mit gefalteten oder seitlich positionierten Händen. Es gab einen festen Ablauf, an den man sich hielt.
Heute kennen viele Menschen die traditionellen Rituale des Abschiednehmens kaum mehr. Nicht nur weil wir den Tod und das Sterben immer weiter aus unserem Leben gedrängt haben, sondern auch weil die traditionellen Rituale im Zuge unserer gesellschaftlichen Individualisierung als einengend betrachtet wurden. Doch das wandelt sich derzeit wieder.
Rituale nehmen uns Entscheidungen ab: gerade beim Abschied von einem Verstorbenen
Das, was man ab den 1960er Jahren als Korsett empfand, wird heute wieder mehr als das gesehen, was es in schweren Augenblicken und gerade in Zeiten des Abschiednehmens ebenfalls sein kann: eine Erleichterung für die Hinterbliebenen. Wer den Ablauf eines Rituals kennt, kann sich in dieses hineinfallen lassen, braucht nicht zu überlegen, was zu tun ist, sondern folgt dem überlieferten Ritus.
Im Ritual können die trauernden Hinterbliebenen ihren Gefühlen Ausdruck verleihen, erleben jedoch gleichzeitig durch seinen Ablauf eine Grenze, die verhindert, dass diese Gefühle ausufern. So ist es eben nicht möglich, eine Phase unendlich auszudehnen, da das Ritual nach Ablauf einer Frist den nächsten Schritt erfordert. Die festgelegten Handlungen und Abläufe leiten und stabilisieren, ermöglichen aber paradoxerweise, sich dafür zu öffnen, dass sich nun etwas verändern wird. Das Ritual markiert den Abschied vom Alten.
Zahlreiche Rituale gehören in den religiösen oder zumindest spirituellen Kontext, wie zum Beispiel ein Fenster zu öffnen, damit die Seele hinausfliegen kann. Vieles kann wiederum unabhängig vom Glauben der Hinterbliebenen vollzogen werden und beim Abschiednehmen vom Verstorbenen helfen. Manchmal müssen es auch keine Rituale – im Sinne von festgefügten, in einem größeren Kontext bekannten Handlungen – sein, sondern es genügen bereits symbolische Handlungen. Symbolische Handlungen werden – anders als ein Ritual – nicht unbedingt wiederholt. Sie werden mitunter sogar nur für einen einzigen Menschen erfunden, was ihnen hingegen nicht minder Kraft zuteilwerden lässt.
Rufen Sie uns an 0800-6080908 oder schreiben Sie uns eine E-Mail.
Was Sie beim Abschiednehmen tun können
Waschen und ankleiden: die letzten Berührungen
Zu den traditionellen Vorbereitungen für die Beerdigung gehört es, den Verstorbenen vom Schmutz des Lebens zu säubern. Als Angehöriger können Sie dies selbst übernehmen. Dabei können Sie noch einmal den Körper des Verstorbenen berühren. Wenn Sie mögen, cremen Sie Gesicht, Hände, den weiteren Körper ein und richten Sie den Verstorbenen oder die Verstorbene so her, wie er oder sie sich gerne präsentierte. Frisieren Sie ihn oder sie, lackieren Sie die Fingernägel, legen Sie Parfum auf. Hier haben Sie Zeit, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Suchen Sie die Kleider für die Beerdigung heraus und kleiden Sie den Verstorbenen an. Das können die Lieblingskleider sein, Berufs- oder Sportkleidung wie selbstverständlich auch festliche Kleidung. Es gibt keine Vorschriften, außer dass es zum Verstorbenen passen sollte.
Abschied und Neubeginn greifen auch dann ineinander, wenn bedeutsame Gegenstände oder Schmuckstücke des Verstorbenen übernommen werden. Das Abnehmen und Weitergeben von Ringen und Ketten kann achtsam und behutsam geschehen und damit ebenso den Hinterbliebenen den Abschied ein weiteres Mal verdeutlichen. Das Weitergeben von Dingen, die für den Verstorbenen Bedeutung trugen, gibt den Trauernden etwas von diesem mit; ein Erinnerungsstück, bei dessen Anblick man sich mit dem Verstorbenen verbunden fühlt.
Liede und Gebete – weil man oft beim Abschied keine Worte findet
Wenn Sie von einem Verstorbenen Abschied nehmen, können Sie zum Beispiel singen oder Musik einschalten. Lieder und Musik können unseren Gefühlen Ausdruck verleihen und uns gleichzeitig tragen. Die Melodie tröstet die Seele und nimmt uns mit. Manchmal wünschen sich Sterbende ihre Lieblingsmusik. Dieses Musikstück kann selbst nach dem Tod die Verbindung aufrechthalten.
Oft helfen zudem Gebete. Die unterschiedlichen Religionen besitzen ihre jeweils eigenen Gebete, die zum Abschied für Verstorbene aufgesagt werden. Vorformulierte Gebete helfen besonders dann, wenn man selbst vor Schmerz keine Worte findet. So kann man sich in die Liturgie des Gebets hineinbegeben und wird von ihr getragen.
Doch auch Gedichte oder Passagen aus Büchern können helfen, das zu sagen, wofür die Hinterbliebenen selbst gerade keine Worte zu finden vermögen.
Blumen und Kerzen zum Abschied
Das Zimmer schön herzurichten, mit Blumen zu dekorieren und Kerzen anzuzünden, verleiht dem Abschied von dem Verstorbenen Würde. Das Anzünden der Kerzen erhebt den Moment zu einem besonderen. Es geht nicht um das Licht, es geht um die Symbolik der Kerze. Sie brennt und verbreitet ihr Licht, doch am Ende verlischt sie, wir aber erinnern uns an ihr schönes Licht.
Totenwache: die letzte Zeit mit dem Verstorbenen
Früher hielt man zum Abschied vom Verstorbenen ganz selbstverständlich Totenwache. Die Verwandten fanden sich zusammen und wachten die Nacht an der Seite ihres geliebten Menschen. Das können Sie auch heute noch tun. Verstorbene können je nach Bundesland zwischen 36 und 48 Stunden zuhause behalten werden, so dass Sie Zeit für den Abschied haben.
Zünden Sie eine oder mehrere Kerzen für den Verstorbenen oder die Verstorbene an und bleiben Sie einige Zeit bei ihm oder ihr. Reden Sie oder schweigen Sie, trinken Sie auf sein Wohl oder essen Sie gemeinsam mit Verwandten oder Freunden ein letztes Mal in seinem Beisein. Es gibt viele Möglichkeiten, die letzte Zeit mit dem geliebten Menschen zu verbringen.
Das sind nur einige Beispiele von traditionellen Ritualen, mit denen Sie sich von Ihrem Verstorbenen verabschieden können. Falls Sie selbst nicht wissen, was Sie darüber hinaus unternehmen können, fragen Sie uns, einen Seelsorger oder einen Trauerbegleiter.
zurück